Frauen des Nordens: Ehre und Macht in der wikingerzeitlichen Gesellschaft

Ehre

Frauen in der Wikinger-Zeit legten, ebenso wie ihre Männer, Wert auf Ehre. Die Beleidigung einer Hausfrau war ebenso verwerflich wie eine Beleidigung des Hausherren. Beleidigungen wurden in der Wikinger-Zeit nicht als Nebensächlichkeit betrachtet. Der Angriff auf die Ehre einer Person war ein Angriff auf die gesamte Blutlinie und wurde nicht selten mit dem Tod gerächt. Die Menschen der nordischen Gesellschaft verfolgten ihre Abstammung sowohl auf der mütterlichen als auch der väterlichen Seite, wobei beiden Seiten gleich bedeutend waren. Es galt als sehr wichtig, einer ehrbaren Blutlinie anzugehören und diese Ehre der Abstammung war in vielerlei Hinsicht das „soziale Kaptal“ der Wikinger-Zeit.

Die nordische Geschichte kennt zahlreiche Beispiele dafür, wie unsere Vorfahren die Ehre ihrer Blutlinie verteidigten. Zahlreiche Frauen, oft Witwen, stellten sicher, dass ihre Söhne Schwerter und Schiffe besaßen, damit sie auf Plünderfahrt gehen konnten. Das tritt z.B. deutlich in Egils Saga hervor, wo Egil ein Gedicht rezitiert, das davon erzählt, wie ihn seine Mutter zu großen Taten anspornte:

Njal, Bergthora and Thord Karisson Decide to be Burned Alive. Illustration for Njal’s Saga by August Malmstörm (1829-1901)
Njal, Bergthora and Thord Karisson Decide to be Burned Alive. Illustration for Njal’s Saga by August

„So sprach meine Mutter
Du sollst dir kaufen
Ein Schiff mit guten Rudern
Auf Plünderfahrt gehen mit Wikingern

Aufstehen am Bug
Dein edles Schiff steuern
Voran zu den Häfen
Feinde fällen links und rechts“

Einige der brutalsten und epischen nordischen Sagas sind eng verknüpft mit weiblicher Ehre und Rache. Ein Beispiel hierfür ist Njåls Saga, in der eine erstaunliche Anzahl von Leuten mit ihrem Leben dafür büßen müssen, dass die Edelfrau Bergthora eine andere Edelfrau beleidigte. Bergthora entscheidet sich, zusammen mit ihrem Mann zu verbrennen, anstatt ihn zum Sterben zurück zu lassen, wofür sie hoch geehrt wurde.

Völva

Das Wort „Völva“ kommt von einem altnordischen Wort für „Stab“. In manchen Gräbern der Wikinger Zeit finden sich Frauen, die mit einer bestimmten Art von Stab begraben wurden. Es wird vermutet, dass dieser Stab wahrscheinlich genutzt wurde, um Geister zu binden, welche die Frau durch den Einsatz von „galder“, einer Art magischen Gesangs, herbeirief.

Die Völva war äußerst mächtig und deshalb auch gefürchtet. Die Sagas geben das Beispiel einer Völva, welche die Halle eines Edelmanns besucht und dort den höchsten Sitz erhält, was damals als eine der höchsten Ehrerbietungen betrachtet wurde.

Groa och Heid (the prophetesses Groa and Heid) by Carl Larsson - Völva Norse mythology
Groa och Heid (the prophetesses Groa and Heid) by

Völvas werden nicht nur in der altnordischen Literatur erwähnt, sondern auch von unseren südlichen Verwandten in Europa. Sowohl der römische Historiker Tacitus als auch der griechische Abenteurer Pythias sprechen in ihren Texten von diesen gefürchteten und geheimnisvollen Wesen. Tatsächlich waren die Völvas sogar aktive Teilnehmer im Krieg und ihr „galder“ und Magie waren vom Heer hochgeschätzt.

Die Völva ist eines der mysteriösesten Phänomene der altnordischen Gesellschaft. Diese Frauen wandelten ungehinderten zwischen unserer Welt und der Welt der Geister.

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Wir praktizieren weder eine bloße Nachstellung historischer Sitten, noch beabsichtigen wir eine moderne spirituelle Praxis zu erfinden, die lediglich mit nordischen Begriffen und Symbolen garniert ist; vielmehr übermitteln wir eine lebendige Tradition. All unsere Vorträge und Riten basieren auf anerkannten akademischen und historischen Quellen der nordischen, vedischen, angelsächsischen, griechisch-römischen oder anderer indo-europäischer Kulturen. Wir erfinden nichts neues; was wir lehren und praktizieren hat tiefe, uralte Wurzeln.

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