Die Ursprünge von Halloween: Samhain und die europäischen Totenfeste

Das Halloweenfest gilt heute vielerorts zu Unrecht als amerikanische Erfindung. Es stimmt zwar, dass die Art und Weise, wie heute Halloween gefeiert wird, kaum etwas mit den Traditionen unserer Vorfahren zu tun hat; dennoch reichen die Wurzeln dieses Brauchtums bis in die Vorgeschichte zurück. Der Name „Halloween“ („all hallows even“, der Vorabend von Allerheiligen) rührt zwar erst aus christlicher Zeit, die Ursprünge des Festes sind jedoch wesentlich älter und finden sich in ganz Europa.

The Origins of Halloween- Samhain, Jack Lanterns and the European Feasts of the Dead on Mythopoetic

Das fängt schon beim Datum an: Am 31. Oktober feierten die Kelten Samhain, das Totenfest; eine magische Zeit, die zugleich das alte Jahr beschloss. Die Skandinavier kannten das Alfáblót („Elbenopfer“), ein Fest bei dem der verstorbenen Ahnen gedacht wurde, gleiches gilt für die Slawen, die im Frühjar und im Herbst die „Dziady“ genannte „Abende der Vorfahren“ feierten. Die Balten widmeten den ehrbahren Toten sogar einen ganzen Gedenkmonat, in dessen Rahmen sie die Verstorbenen in ihre Häuser einluden.

 

Schon damals ging man davon aus, dass in der Übergangszeit zwischen Herbst und Winter die Grenzen zum Jenseits und zur Anderswelt verschwammen und somit die Geister der Verstorbenen auf der Erde ungehemmter umherzogen, als während des restlichen Jahres. Wenn heute als Untote oder Monster verkleidete Kinder um die Häuser ziehen und um Süßigkeiten bitten, so hat auch dieses vermeintlich moderne Brauchtum seinen Ursprung in diesen alten europäischen Ritualbräuchen und Volksfesten. Oft waren es dann Jugendliche, die – verkleidet mit Holzmasken oder bemalten Gesichtern – diese Totenwanderung abschrecken, oder willkommen heißen sollten oder als Stellvertreter der verstorbenen Ahnen um Gaben baten. Ihnen wurden Speiseopfer dargebracht, mancherorts deckte man einen zusätzlichen Platz am Esstisch, um die Toten willkommenzuheißen.

 

Auch die Tradition der heute allgegenwärtigen Kürbislaternen hat ihren Ursprung in der Vorzeit: Damit die Toten nach den Feierlichkeiten den Weg zurück in ihre Ruhestätten fanden, wurden Lichter entzündet, um ihnen heimzuleuchten. Auf den britischen Inseln wurden Steckrüben ausgehöhlt und beschnitzt und dienten so als Laternen, die den heutigen Kürbisköpfen nicht unähnlich sahen.

 

Ein weiteres wichtiges Element, das heute in den Hintergrund getreten ist, waren große Opferfeuer die in den Herbstmonaten vor allem in den von Viehzucht geprägten Hirtengemeinschaften Früheuropas entzündet wurden. Im Oktober trieb man die Herden von den höhergelegenen Sommerweiden hinab ins Tal und entschied dort, welche Tiere über den Winter gebracht wurden und für welche die Zeit der Schlachtung gekommen war. In großen Zeremonien wurden diese anschließend den Göttern geopfert und feierlich verspeist. Von dem Brauch, die Knochen der geschlachteten Tiere zu großen Haufen aufzuschichten und rituell zu verbrennen zeugt noch heute das englische Wort für Freudenfeuer: „bonfire“ (“bone-fire“: Knochenfeuer).

Über den Autor

Ingmar Hagedorn

Postmoderner Skalde, auf der Suche nach Anklängen an die ewigen Götter in germanischen Mythen und Gedichten.

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